Fachveranstaltung "Lernen im digitalen Raum. Welche Vorteile bieten Lernplattformen?"

 


In seinem Vortrag hat TLA-Akademieleiter Olaf Dierker (im Bild) am 21. März 2019 jede Menge hilfreiche Tipps rund um das Thema Lernplattformen präsentiert. Auch wenn es eine große Zahl verschiedener Lern-Management-Systeme gibt, bieten sie alle Funktionen und Features, die im Kern dasselbe beabsichtigen: Sie sollen den Lernprozess begleiten und das Verwalten der Teilnehmenden unterstützen. Aber woran kann ich die für mich passende Lernplattform erkennen? Welche Auswahlkriterien kann ich nutzen? Und wie behalte ich bei den vielen Funktionen und Features den Überblick?

 

"Lernen im digitalen Raum. Welche Vorteile bieten Lernplattformen?" war der Titel der Netz3L-Veranstaltung am 21. März 2019. Über 30 Beschäftigte aus Unternehmen, Behörden, Bildungsanbietern und Berufs(-fach)schulen kamen in der KWB Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung e. V. zusammen, um zusammen mit Olaf Dierker die Welt der Lernplattformen zu erkunden.

 
Vorteile von Lern-Management-Systemen 

Trotz eines umfangreichen Angebotes an Lern-Management-Systemen (LMS) für verschiedene Einsatzzwecke ist die Anzahl der Tools, die für ein weites Spektrum an Anwendungsszenarien geeignet sind, überschaubar.

 Während in allen internationalen Märkten Moodle, Blackboard, Instructure Canvas und D2L Brightspace führen, sind im unterentwickelten deutschsprachigen Markt OLAT und Ilias sowie andere kleinere Anbieter, die international unrelevant sind, stark vertreten. 

Hat man ein vollwertiges LMS mit vielen Tools, muss und sollte man diese nicht alle in jedem Kurs nutzen. In diesem Fall profitiert man allerdings von der Flexibilität der Lernszenarien. Ein wesentlicher Vorteil von Lern-Management-Systemen ist, dass die Features und Funktionen alle in einem geschlossenen Raum zur Verfügung stehen und Nutzer/-innen bei Datenschutzfragen, Sicherheit, Barrierefreiheit und Schnelligkeit auf der sicheren Seite sind. Funktionen wie Videos, Seminaraufzeichnungen, Benotungsbücher, Chats, Quizzes oder Foren können auch ohne Lernplattformen für Lernprozesse genutzt werden. Zum Beispiel können in einem Seminar YouTube-Videos gezeigt, Chats über WhatsApp geführt und Quizzes über Kahoot gestaltet werden. Aber die Frage nach den sensiblen Daten der Seminarteilnehmenden bleibt offen und ungeschützt. Der geschlossene Raum schützt die Inhalte des Anbieters und die Kommunikation der Teilnehmer/-innen.

 

Open Source oder Proprietär

In den vergangenen Jahren stand bei potenziellen Nutzenden von LMS die Frage im Raum: "Was nehme ich? Open Sourceoder gekaufte Software eines Anbieters?". Heute stellt sich die Frage: "Nehme ich einen Anbieter, der meine Daten für mich in der cloud hosted, oder nehme ich ein self-hosted-System?". Die Grenze zwischen Open Source, bei dem man die Plattform auf die Bedürfnisse selbst mithilfe von IT-Kenntnissen zuschneiden muss, und der gekauften Software vom Anbieter, die sich mittlerweile an jeden Bedarf anpassen lässt, verschwimmt zunehmend und kann nicht mehr eindeutig beantwortet werden. Beide Fragen sind finanzieller Art und müssen abgewogen werden: Lizenzgebühren der kommerziellen Anbieter vs. Kosten der Eigenentwicklung des LMS sowie Gebühren der Cloud-Nutzung vs. Kosten des eigenen Servers im Haus.

 

 

 

9 Kriterien für die Wahl des passenden LMS

Diese vier weichen und fünf rationalen Kriterien konnten wir für Sie herauskristallisieren:

 

Weiche Kriterien:

  • Einfachheit (Ist das LMS intuitiv bedienbar für Sie als Administrator/-in?)
  • Usability aus Lernersicht (Werden die Lernenden damit zurechtkommen?)
  • Konzentration der Funktionen aufs Wesentliche (Brauche ich alle Funktionen, die möglich sind?)
  • Angenehmer Dienstleister (Komme ich mit der Kommunikation zurecht?)
 

Rationale Kriterien:

  • Anschaffungspreis
  • Laufende Kosten
  • Sprache
  • Cloud- oder Self-Hosting
  • Schnittstellen wie z. B. SCORM
 

Tipps für die Entscheidung

Damit Sie bei der Fülle an Funktionen und Features den Überblick behalten, fragen Sie sich oder Ihr Team: Welche Funktion ist für welchen Zweck sinnvoll? Wählen Sie nach dem Motto aus "weniger ist mehr".

 

Möchten Sie die verschiedenen Anbieter testen? Unter www.captera.de gibt es eine ausführliche Übersicht der verschiedenen Anbieter. Jeder hält ein Angebot vor, das Sie testen können. Denn mit einer Lernplattform verhält es sich wie mit einer Immobilie. Die kaufen Sie, nachdem Sie sie intensiv überprüft haben und Sie wechseln in der Regel nicht leichtfertig wieder. Testen Sie also die für Sie interessanten Anbieter ausreichend. Bedenken Sie dabei aber auch andererseits, dass so ein Testbetrieb sehr arbeits- und zeitintensiv werden kann. Die Tester und Testerinnen müssen sich unter Umständen mehrmals auf ein neues System einstellen, um sich ein Bild über Aufbau und Funktionen machen zu können. 

 

Nutzen Sie daher vielleicht auch Ihre Kontakte zu anderen Bildungsanbietern und fragen Sie nach, welche Plattform diese benutzen und welche Erfahrungen sie damit gemacht haben.
Es gibt auch Anbieter, die Ihnen nicht nur leere Lernplattformen anbieten. Sie können auch fertige Kurspakete kaufen, bei denen Sie sich um die Inhalte nicht mehr kümmern müssen. Solche Pakete werden oft als Compliance bezeichnet, sie lassen sich über z. B. SCORM-Schnittstellen in eine Plattform einbinden. Themen, die diese Pakete beinhalten, können z. B.  Datenschutzschulungen sein, rechtliche Themen, Software-Trainings oder das Gleichstellungsgesetz. 
 

Nochmal nachgefragt

Am Ende der Fachveranstaltung haben wir weitere Fragen der Gäste aufgenommen und nochmal für Sie bei Akademieleiter Olaf Dierker nachgefragt:
 
Netz3L: Herr Dierker, welche Art LMS ist für kleine Unternehmen und welche für mittlere bis große Unternehmen geeignet?

 

Olaf Dierker: Bei der Entscheidung kommt es weniger auf die Größe des Unternehmens an. Das geplante didaktische Konzept sollte festlegen, welche Tools benötigt werden und welches System diese Anforderungen erfüllt. Wenn ein großes Unternehmen nur eingekaufte Web-Based-Trainings zum Durchklicken ausliefern will, braucht es weniger, als wenn es kommunikatives oder tutoriell begleitetes E-Learning anbieten möchte.

 

Unternehmen mit unter 250 Nutzern/-innen sollten keine eigene Installation betreiben. Sie sollten Software-as-a-Service wie Moodle Workspace über einen lokalen Partner, D2L Brightspace von der TLA oder Systeme von Content-Anbietern nutzen, wenn man hier ohnehin schon einen vorrangigen Partner für die Erstellung von Inhalten gefunden hat. Letztere Lösung schränkt allerdings teilweise die Flexibilität ein, da technische Basis und Inhalte mit einem Anbieter verbunden sind. Ab 250 bis 500 Usern/-innen kann man über ein eigenes System in der Cloud oder im Managed-Hosting nachdenken. Ich würde einen internationalen Anbieter mit großer installierter Basis empfehlen. Das System sollte die LTI-Standards unterstützen und der Anbieter damit Mitglied im IMS-Global-Consortium sein. Kleinere Systeme bergen die Gefahr, vom Markt zu verschwinden, kleine Open-Source-Communitys bieten zu wenig Community-Support und bei Verlust von Entwicklern/-innen oder Aufspaltungen können sie sich ebenfalls nur schwer dem Markt halten.
 
Die kleinen Unternehmen oder Communitys können auf Sicherheitslücken und technologischen Wandel auch nicht schnell genug reagieren. Große Anbieter werden von Google, Mozilla, Apple oder Microsoft bei der Weiterentwicklung der Browser mit getestet oder sogar mit einbezogen.
Die Zeiten der Installation auf eigenen Servern sind unabhängig von der Unternehmensgröße vorbei.
 
Netz3L: Wenn ich fertige Kurspakete kaufen möchte, wo und wie kann ich danach suchen? 

 

Olaf Dierker: Am besten informiert man sich auf einer Messe wie der Learntec in Karlsruhe, auf Veranstaltungen oder in Publikationen des eLearning-Journal oder auf CheckPoint eLearning.

 
Netz3L: Vielen Dank!
 

Impressionen der Fachveranstaltung:  

 

Einladung

Veranstaltungsreihe

Präsentation Olaf Dierker